4. SONNTAG IM ADVENT
20. Dezember 2015
Lesungen:
1.Lesung aus dem Buch des Propheten Micha (5,1-4a):
Evangelium nach Lukas (1,39-45)
Gedanken zu den Lesungen:
In dieser Welt geht es immer um Macht: politisch, wirtschaftlich, militärisch. Auch in unseren kleineren Lebensbereichen stoßen wir auf Menschen, die herrschen, „Herr“ sein, das Sagen haben wollen, um alles nach den eigenen Vorstellungen und Vorteilen zu gestalten. Deswegen gibt es auch Kriege. Und diese Kriege glaubt man wieder nur mit Gewalt beenden zu können. Es gibt sicherlich Beispiele dafür, wo das zutrifft. Erinnert sei nur an die Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg. Aber viele der kriegerischen Konflikte danach - Vietnam, Afghanistan, Irak, Palästina, Syrien zeigen, dass Waffengewalt dort nicht zum Ziel geführt hat.
Da spricht die Bibel, da spricht Gott eine andere Sprache. Die beiden heutigen biblischen Lesungen machen uns das deutlich. Hier ist auch vom Herrschen und von einem Herrscher die Rede. Aber das Herrschen von Gott ist von einer total anderen Art.
„Aber du, Bethlehem, so klein unter den Gauen Judas, aus dir wird mir einer hervorgehen, der über Israel herrschen soll.“ Das kleine, in politischer Hinsicht völlig unbedeutende Bethlehem! Ein unbedeutendes Fleckchen Erde. Der in Bethlehem geboren wird, wird auftreten und Hirt sein, im Namen Gottes. Seine Macht wird bis an die Grenzen der Erde reichen. Seine Macht wird sich aber nicht in Kriegen, sondern im Frieden zeigen. Die Macht Gottes ist anders. Gott wirkt anders. Das sagt schon der Prophet Micha, ein Schriftprophet aus der 2. Hälfte des 8. Jh. v.Chr.
Die Kraft Gottes ist die einzige Macht, die all unter uns Menschen gesäte Zwietracht überwinden und den Frieden bringen kann. Diese Macht Gottes kommt immer seltsam und unerwartet. Sie strömt nicht aus den großen Machtzentren dieser Erde. Sie bedient sich keiner großen Namen. Kleine, bescheidene Figuren sind es, die das Entscheidende bewirken. Gottes Kraft wirkt in den Unscheinbaren, von denen eigentlich kaum etwas zu erwarten wäre. Wie hat es Nathanael im Johannesevangelium gesagt, als er hörte, dass Jesus aus Nazareth kam? „Aus Nazareth? Kann von dort etwas Gutes kommen?“
Es ist in der biblischen Überlieferung immer wieder auffallend, dass Gott bei seinem Wirken und Eingreifen in der menschlichen Geschichte immer auf die setzt, die klein und unbedeutend sind.
Von kleinen, einfachen Menschen ist auch im heutigen Evangelium die Rede. Zwei schwangere Frauen begegnen sich: Ein noch junges Mädchen und eine schon ältere Frau. Durch sie wirkt Gott. Ihre Kinder werden die Welt verändern. In ihnen wird Gott ein neues Verhältnis zu uns Menschen anfangen. Beide sind in der damaligen Welt politisch und wirtschaftlich ohne Bedeutung. Aber ihre Botschaft von Gottes Frieden irritiert die Mächtigen. Deswegen wird der eine enthauptet, der andere gekreuzigt. Trotzdem setzt sich die Macht Gottes durch. Er wird nicht mundtot gemacht. Gott, der in dieser Welt so anders wirkt, ist bei Milliarden von Menschen angekommen, hat bei ihnen Gehör gefunden, ist für sie die wahre, machtvolle Autorität geworden, der das Sagen in ihrem Leben hat.
Ein deutscher Politiker hat einmal gesagt: „Ich bin Heide. Ein Heide ist jemand, zu dem Gott noch nicht gekommen ist.“ Bei uns ist Gott schon gekommen. Es ist schon Advent. Deswegen fühlen wir uns betroffen, wenn Gott zu uns sagt:
„Wie wünschte ich, dass es Advent wird in dir. Wie wünschte ich, bei dir zu wohnen, vertraut zu sein mit dir und alle Last mit dir zu teilen. Sieh, ich komme dir entgegen, ich, dein Gott. Wie wünschte ich, dass es Advent wird in dir.
Wie wünschte ich, dass du mich hineinlässt in deine Trauer und Nacht, deine Niederlagen und deine verrinnende Zeit. Siehe, ich komme dir entgegen in allen deinen Gefangenschaften, ich, dein Gott.
Wie wünschte ich, dass es Advent wird in dir. Wie wünschte ich, in deiner Stadt, deiner Straße, deinem Haus, deinem Herzen, neu geboren zu werden. Siehe, ich komme dir entgegen, ich, dein Gott.“
Ist bei mir Advent geworden? Ist Gott mir näher gekommen!